109 Jahre Bahnhof Mühlberg

19. September 2018

Wir möchten uns recht herzlich bei der Enkeltochter Stefanie (aus NRW) des 1. Bahnhofvorstehers vom 17.09.1909 bis 1950 Herrn Großmeister der Freimaurer Wilhelm Grützke, geb. am 14.10.1880, für die vielen Fotos insbesondere die Hochzeitsfotos aus den Gründungsjahren und den Skizzen der Räumlichkeiten bedanken.

Dem verstorbenen Bahnhofvorsteher Grützke sind wir dankbar für die vielen versteckten Dokumente unter Dielenböden und Dachbrettern: Original-Rechnungsbuch von 1945, Enteignungspapiere, russische Beutegut- Dokumente, Bankdokumente, Fahrkarten von 1909, Fahrpläne von 1946 und mehr. Einen Teil der Dokumente haben wir bereits gerahmt und in unseren Hotelzimmern und der Bar aufgehangen.

Das Original-Fahrkartenausgabegerät von 1909 wird demnächst ausgestellt werden.

Einige Originale Gepäckkennschilder aus Metall (ca. 10 cm x 1 cm) mit der eingestanzten Aufschrift Neuburxdorf-Mühlberg können käuflich erworben werden.

Vorgeschichte

Mühlberg an der Elbe, zwischen Falkenberg und Riesa gelegen, entstand im Mittelalter. Zum Schutze einer Furt über die Elbe diente eine Burg, an deren Fuße sich die Stadt entwickelte. Durch die Schlacht von Mühlberg am 24. April 1547 zwischen dem sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich und Kaiser Karl V. fand die Stadt Eingang in die Geschichtsbücher. Bis weit in das 19. Jahrhundert lebten die Mühlberger von der Landwirtschaft und der Schifffahrt. Die BAE umging mit ihrer am 1.10.1848 eröffneten Strecke Falkenberg-Röderau die Stadt Mühlberg, da deren Stadtväter das neue Verkehrsmittel ablehnten.

Ein folgenschwerer Fehler, denn durch die Begradigung der Elbe, bei der man einen Nebenarm ausbaute, verlor Mühlberg 1853 die günstige Anbindung an den Fluss. Da der Magistrat auch noch den Bau einer Zuckerfabrik verhinderte, stagnierte die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Die Zuckerfabrik entstand im benachbarten Brottewitz. Dort baute sie dann auf eigene Rechnung ein Anschlussgleis zum Bahnhof Neuburxdorf.

Erst der Mühlberger Kaufmann und Vorsteher der Stadtverordneten, Albin Teich, setzte sich für eine Kleinbahn von Neuburxdorf nach Mühlberg ein. Dabei sollte das Anschlussgleis ausgebaut und nach Mühlberg verlängert werden. Obwohl auch der Kreis Liebenwerda dem Vorhaben zustimmte, scheiterte die Kleinbahn am Widerstand einiger Mühlberger. Sechs Jahre vergingen noch, ehe alle Vorbehalte ausgeräumt waren.

Am 3.12.1908 konstituierte sich in Mühlberg die "Kleinbahn AG Burxdorf-Mühlberg" (KBM). Das Stammkapital setzte man auf 770.000 Mark fest. Davon übernahmen jeweils 256.000 Mark die Provinz Sachsen und das Königreich Preußen. Der Kreis Liebenwerda zeichnete für 125.000 Mark Aktien, während die Stadt Mühlberg 132.000 Mark zur KBM beisteuerte. Mit 1.000 Mark war der Kaufmann Hermann Dietrich der einzige Privatanleger der Kleinbahn.

Bau und Eröffnung

Das Regierungspräsidium Merseburg erteilte der Gesellschaft am 30.01.1909 die Konzession zum Bau und Betrieb der Kleinbahn. Anschließend kaufte die KBM das Anschlussgleis der Zuckerfabrik Brottewitz für 118.300 Mark an und begann am 17.04.1909 mit den Bauarbeiten in Richtung Mühlberg. Die Arbeiten an dem rund 2,5 km langen Gleis gingen zügig voran. Bereits am 16.09.1909 erfolgte die landespolizeiliche Abnahme. Einen Tag später eröffnete die KBM feierlich ihren Betrieb.

Wenige Wochen nach der Betriebsaufnahme forderte die Stadt Mühlberg den Bau eines Anschlussgleises zum Hafen. Die Hafenbahn und das Anschlussgleis zum Kornspeicher der Gebrüder Teiche gingen am 17.03.1910 in Betrieb.

Betrieb und Verkehr

Der Verkehr auf der KBM entwickelte sich sehr gut. Gemischte Züge genügten völlig dem Verkehrsaufkommen. Lediglich im Herbst mussten für den Rübenverkehr reine Güterzüge eingesetzt werden. In Brottewitz unterhielt die Zuckerfabrik einen separaten Güterbahnhof. Bereits im Geschäftsjahr 1911/1912 beföderte die KBM über 45.000 Fahrgäste und 136.000 Tonnen Güter.

Ein Jahr zuvor hatte Kaufmann Hermann Dietrich seine Aktien an die Stadt Mühlberg verkauft. Damit war die KBM vollständig in kommunaler Hand. Allerdings war die Freude an der Kleinbahn nicht ungetrübt, denn die Hafenbahn rentierte sich nicht. Da das Gleis viel zu hoch lag, war das Umladen viel zu teuer. Auch das 1913 um 3 m tiefer angelegte Ladegleis brachte keinen Erfolg. 1918 brach man die Hafenbahn ab.

Aber die KBM dachte auch über einen Ausbau ihrer Strecke nach. So gab man für rund 22.000 Mark Vorarbeiten für die Strecke Neuburxdof-Liebenwerda-Beuteritz und Neuburxdorf-Elsterwerda in Auftrag. Allerdings verhinderte der 1. Weltkrieg die Umsetzung dieser Pläne. Während und nach dem Krieg musste die KBM wie viele andere Bahnen auch mit einem Rückgang der Beförderungsleistungen kämpfen. Mit rigden Sparmassnahmen überstand die Kleinbahn selbst die Inflation recht gut.

In den zwanziger Jahren stabilisierte sich der Verkehr wieder. Im Rechnungsjahr 1927/1928 transportierten die 22 Eisenbahner über 58.000 Reisende und 117.000 Tonnen Güter. Um private Fuhrunternehmen abzuwehren, eröffnete die KBM am 15.05.1930 eine eigene Buslinie von Mühlberg nach Neuburxdorf nach Liebenwerda. Obwohl die KBM ihr Ziel erreichte und auch Ausflugsfahrten anbot, rechnete sich der Busverkehr nicht.

Nach dem Rückgang der Beförderungsleistungen in der Weltwirtschaftskrise verzeichnete die KBM ab 1935 wieder einen Aufschwung. 1935 transportierte die Kleinbahn rund 12.000 Reisende und 118.000 Tonnen Güter. Mit der Aufnahme desTriebwagenverkehrs 1937 stellt die Bahn den Busverkehr ein. Da die Kleinbahn nun den Personen- und Güterverkehr trennte, konnten die Fahrzeiten verkürzt und das Angebot erweitert werden.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die KBM 1945 von der Provinz Sachsen enteignet. Auf Anordnung des Präsidenten der Provinz übernahm zum 01.01.1947 die "Sächsische Provinzbahnen GmbH" die Betriebsführung. Die Übernahme durch die VVB des Verkehrswesen Sachsen-Anhalt erfolgte am 15.04.1948. Nach der offiziellen Übernahme durch die Reichsbahn am 01.04.1949 wurde die Betriebsleitung zum 01.10.1949 aufgelöst.

Der letzte Reisezug verkehrte am 30.09.1961 auf der Kleinbahn. Güterverkehr gibt es noch heute. Die Zuckerfabrik Brottewitz sowie das Kieswerk Mühlberg sorgen für ein enormes Frachtaufkommen.

Strecke und Anlagen

Den Bahnhof Neuburxdorf (früher Burxdorf) verläßt die ehemalige Kleinbahn in westlicher Richtung. Nach 2,3 km passieren die Züge die ehemalige Haltestelle Langenrieth. Durch vorwiegend landwirtschaftlich genutztes Gebet geht es weiter zum Anschluss Zuckerfabrik Brottewitz (Kilometer 4,3). Der Bahnhof Brottewitz mit Stationsgebäude und Güteschuppen kommt erst 700 m später. Hinter Brottewitz schwenkt die Trasse nach Süden ab. Über den ehemaligen Haltepunkt Weinberge sowie die Anschlüsse Kieswerk und zur Raiffeisen-Handlung Mühlberg geht es weiter zum Bahnhof Mühlberg (Kilometer 7,5). Als betrieblicher Mittelpunkt besaß Mühlberg ein Empfangsgebäude mit Güterschuppen sowie einen Triebwagen- und Lokschuppen mit Werkstatt und Wasserturm. die größte Steigung beträgt 1:400, der kleinste Radius 200m.

Fahrzeuge

Zur Betriebseröffnung verfügte die KBM über eine T3 ud eine Bn2-Tenderlok, vier Personen-, zwei kombinierte Post-, Pack-, fünf G- und zwölf O-Wagen. Dazu kamen noch zwei Fkultativwagen. zwei weitere T3 kamen 1923 und 1935 nach Mühlberg. Der Zweikuppler schied 1935 aus. Den 1937 von Lindner gekauften Triebwagen beschlagnahmte die SMAD1946.

(Verfasser dieses Textes nicht bekannt. Wer kennt ihn?)